Evangelische Kirche Hirzenhain

Geborgen in der schlichten großräumigen Kontur der ehemaligen Klosterkirche zu Hirzenhain findet sich, für manchen vielleicht unerwartet, ein ungestört bewahrter Kirchenraum und erfreulich umfangreich erhaltener Schatz gotischer Kunst, der die beziehungsreichen Gliederungen des Innenraumes dieses ehemaligen Wallfahrtsortes in stiller, in wohlgepflegter Pracht überhöht.

 

Am 22. November 1998 feierte die evang. Kirchengemeinde das Jubiläum „550 Jahre Einweihung der Klosteranlage Hirzenhain“. 1448 stellten die Augustiner-Chorherren die Klosterkirche und Klosteranlage fertig und weihten sie der Hl. Maria, der Hl. Anna und dem Hl. Antonius.

 

In der folgenden hundertjährigen Klosterzeit zogen tausende von Pilgern nach Hirzenhain. Die Besitztümer des Klosters waren über die gesamte Wetterau verstreut und die Beteiligung des Klosters an der bedeutenden hiesigen Eisenverhüttung ist belegt. Der Reichtum drückte sich in der prunkvollen Ausstattung der Kirche aus.

 

Zu dieser prunkvollen Ausstattung gehörte schon von Beginn an der steinerne Lettner, die Trennwand zwischen dem Versammlungsort der Chorherren und der Pilger und Laien. Am Lettner wie am gesamten Kirchenraum ist der Einfluß der Frankfurter Schule, geprägt vom Dombaumeister Madern Gerthner (1360-1431), zu erkennen.

 

Der Lettner erzählt in zehn Rundbildern die Lebensgeschichte der Maria. Das letzte Rundbild mit Maria, einem Hirsch, dem Hl. Augustinus und einem knienden Mönch verbildlicht die Legende der. Klostergründung.

 

Derzufolge erschien einem Mönch im Traum die Jungfrau Maria und erteilte ihm den Auftrag, dort ein Kloster zu gründen, wo er auf seinen Wegen eine äsende Hirschkuh auf einer Wiese am Bach sehe. Der Mönch tat, wie ihm geheißen und nannte diesen Ort Hirzenhain, also Hirschwald.

 

Naheliegend ist die These, dass diese Symbole auf ein älteres, vorchristliches, keltisches Hirschheiligtum verweisen (regionaler Zusammenhang zur keltischen Glauberg Kultur).

 

Der Lettner wird ebenso geschmückt von den Steinfiguren Petrus und Paulus und den Holzfiguren Maria mit Kind und Anna Selbdritt. Die großartigen Werke der Steinbildhauerkunst gehen möglicherweise ebenso auf Conrad Kuene (um 1430-1440) zurück wie die steinerne Madonna, die Himmelskönigin.

 

Darüber hinaus gibt es noch drei hervorragende Schnitzwerke: Johannes der Täufer, Antonius, der Einsiedler und Maria mit dem Kind. Diese Werke sind wohl Teile von Altären gewesen. Die hölzerne Maria mit dem Kind trägt noch eine leere Reliquienkapsel in ihrer Brust.

 

Die Ursprünge der Kirche liegen im Dunkeln. Erstmals erwähnt wurde 1357 eine Wallfahrtskapelle, die „unserer Lieben Frau“ geweiht war. Ab 1689 diente der Chorraum der evang. Gemeinde in Hirzenhain als Gottesdienstraum. 1897 wurde das Hauptschiff der Kirche gründlich renoviert und seitdem als Gottesdienstraum genutzt. Die letzte Renovierung wurde 1983 abgeschlossen.

 

Im Rahmen dieser Renovierung erhielt die Kirche zwei Orgeln. Die Orgel auf der Empore an der Westwand des Langhauses hat einen barocken Prospekt. Sie wurde 1771 vom Orgelbauer Johann Michael Stumm für eine Kirche in Alzey angefertigt, 1976 wurde sie von der Firma Oberlinger erneuert und erweitert.

 

Sie enthält 33 Register. Die Chororgel wurde 1841 von dem Orgelbaumeister Link erbaut und umfaßt zehn Register. Die spätgotische hölzerne Kanzel aus Groß-Felda steht seit 1978 in der Kirche; der 1964 für die Ortenberger Marienkirche angefertigte Taufstein seit 1987.

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